Internetforen von Ornithologen und Fotografen führen nicht selten dazu, dass sich Naturfreunde beider Ausprägungen an gewissen Orten, heute sagt man denen Hotspots, regelrecht auf den Füssen herumtreten. Ein solcher Hotspot in der Schweiz, lockt mit der Aussicht auf Flugaufnahmen von Bartgeiern. Bequeme Erreichbarkeit und sehr hohe Erfolgschancen führen dazu, dass nicht selten 20 Fotografen nebeneinander hinter ihren Stativen stehen und auf die Aasfresser warten. Eigentlich eine guten Sache, niemand nimmt Schaden dabei und die Geier an anderen, abgelegeneren Orten aufzuscheuchen ist kaum sinnvoll. Wichtig ist allerdings, dass sich alle an die Regeln halten und dazu gehört auch, dass das Anfüttern verboten ist.
Ich war auch schon mehrfach dort und habe es trotz bitterer Kälte und auch erfolglosen Wartestunden jedes mal genossen, bis zum letzten Mal. Ich schildere dieses Ereignis absichtlich ohne Namen und mit etwas zeitlicher Distanz, denn es geht mir nicht darum irgend jemanden anzuschwärzen oder an den Pranger zu stellen. Was ich mit diesem Beitrag erläutern will, ist eine Veränderung die in mir geschehen ist.
Es kam so; An der Talstation treffe ich einen befreundeten Fotografen, der auch in das Wiederansiedlungsprojekt involviert ist. In der Gondel treffen wir eine einheimischen Fotografen und mein Kollege sucht mit diesem das Gespräch, weil das Anfüttern zunehmend zum Problem wird. Dieser hat allerdings vom ganzen Rummel um den Hotspot die Nase dermassen voll, dass er diesen gar nicht mehr besucht und auch nichts damit zu tun haben will. Oben steht schon ein ausländisches Paar hinter den Stativen. Die Frage ob sie angefüttert hätten bejahen sie und der ermahnende Hinweis, dies sei schlecht und zudem verboten, lässt schon einen Damm brechen. Mit absoluter Arroganz weist der vermeintliche Naturfreund darauf hin, dass ihm dies egal sei! Er reist also extra in die Schweiz wegen etwas das ihm eigentlich egal ist.
An jenem Tag werden wir öfters von Wolken eingehüllt, trotzdem fliegen die Geier an, und mir gelingen Aufnahmen, die sich wohltuend von meinen bisherigen sonnigen Aufnahmen unterscheiden. Trotzdem bleibt mir ein schaler Nachgeschmack, irgendwie habe ich das Gefühl, dass es das jetzt gewesen ist. Dieses Gefühl habe ich sonst nie. Immer bleibt sonst der Wunsch, noch diese oder jene Situation fotografieren zu wollen, noch jenes Verhalten dokumentieren zu wollen. Nicht, dass ich alle vorstellbaren Bartgeierbilder jetzt hätte, bei weitem nicht, aber die Lust ist weg!
Auch das inflationäre Erscheinen von Bartgeierfotos im Web und an Wettbewerben trägt seinen Teil dazu bei.
Mir bleibt eine Art Neuausrichtung meiner Naturfotografie in Angriff zu nehmen, eine Rückbesinnung auf meine Wurzeln, das Fotografieren von wilden Tieren in meiner Umgebung.
Deshalb werdet Ihr hier wohl in nächster Zeit keine weiteren Bartgeieraufnahmen von mir vorfinden.