Freitagabend, eine anstrengende Arbeitswoche ist vorbei. Doch die verdiente Ruhe wird mir jäh genommen.
Ich komme von der Arbeit nach Hause und weil die anderen Familienmitglieder alle noch auswärts sind, hält auch mich nichts hier. Rasch an den Weiher und das angekratzte Nervenkostüm etwas verlüften. Mein Harmoniebedürfnis kommt vorerst auch auf seine Rechnung. Ein Blässhuhnpaar hat schon Nachwuchs, zwei winzige Küken werden von ihnen mit Leckereien vom Teichgrund gefüttert, Idylle pur. Während ich nach fliegenden Vögeln Ausschau halte die ich im warmen Abendlicht fotografieren könnte, vergesse ich die kleine Familie. Plötzlich Lärm unter dem Beobachtungsturm, Schreie von Blässhühnern aufspritzendes Wasser. Eigentlich bin ich mich das Gezanke gewohnt, ich habe schon lange das Vorurteil gegenüber Blässhühnern, sie seien streitsüchtig. Enten, Artgenossen und immer wieder das arme Teichhuhn, wird von ihnen mit Scheinangriffen und Drohgebärden aus ihren Territorien vertrieben. Diesmal klingt es aber irgendwie anders und als ich nachschaue, stockt mir kurz der Atem. Ein Blässhuhn attackiert eines der Jungen die vorher noch etwa 5m weiter beim Schilf gefüttert worden waren. Rohe, entschlossene Gewalt. Das Küken wird von Schnabelhieben am Kopf getroffen, an Beinen und Rumpf gepackt und unter Wasser gedrückt, immer und immer wieder. Die Eltern haben den Kampf schon aufgegeben und schauen nur noch zu. Und schon bald ist es vorbei. Das winzige Daunenknäuel treibt reglos im Wasser und wird von der Strömung hier am Ausfluss davongetragen.
Ich bin einigermassen perplex. Dass Altvögel mit ähnlichen Kraftpotentialen sich erbitterte Kämpfe liefern, ausgetragen mit Schnabel und den riesigen Füssen, war ich gewohnt. Dass aber Artgenossen sich gegenseitig wehrlose, komplett unterlegene Jungtiere töten, war mir neu.
An diesem Freitag vermochte der Weiher seine seelenreinigende Wirkung nicht mehr so richtig zu entfalten und stellte meine, halt allzu menschliche, Sichtweise von Geburt und Tod in der Natur, arg auf die Probe.